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Warum ist der Anbau von Bio-Steinobst so riskant?

Sommer-Steinobst, wie Pfirsiche, Aprikosen, Nektarinen und Kirschen, gehört zu den am schwierigsten anzubauenden Obstarten, insbesondere im Rahmen eines biologischen und regenerativen Landwirtschaftsmodells. Der kurze Wachstumszyklus, die hohe Wetter-Empfindlichkeit und eine begrenzte Haltbarkeit nach der Ernte erhöhen das Risiko, dass die Qualität der Früchte leidet.

Warum ist die Anbausaison für Steinobst so kurz?

Tree branches full of cherries

Die meisten Sommer-Steinobstarten durchlaufen ihren gesamten Entwicklungszyklus, von der Blüte bis zur Ernte, in weniger als zehn Wochen. 

Die zunehmende klimatische Unbeständigkeit in Europa erschwert Planungssicherheit. Ein konkretes Beispiel findet sich in der Region Katalonien, wo der Bio-Farmer Jordi Garreta erklärte, wie langanhaltende Regenfälle im Frühjahr den Fruchtansatz und die endgültige Reifung beeinträchtigten und so die verfügbaren Erntemengen beeinflussten. Zudem beschädigten mehrere Hagelstürme einen Teil der Früchte und ließen sie aufplatzen. Später Frühjahrsfrost, der aufgrund des Klimawandels immer unregelmäßiger auftritt, können in den betroffenen Regionen Ernteausfälle von 80 bis 100 % verursachen.

Jede Sorte weist spezifische Schwachstellen auf:

  • Kirschen neigen dazu, bei plötzlichen Regenfällen aufzuplatzen.
  • Aprikosen sind besonders empfindlich gegenüber Hitzestress.
  • Pfirsiche sind bei hoher Luftfeuchtigkeit sehr anfällig für Pilzkrankheiten.

Der regenerativ-biologische Ansatz bei Schädlingen und Krankheiten

Farmer in front of peach tree
Farmer Jordi Garreta, Grup Garreta Farm, Spanien

In der konventionellen Landwirtschaft beruht die Bekämpfung von Schädlingen und Krankheiten oft auf dem Einsatz synthetischer Mittel. Der regenerativ-biologische Ansatz zielt jedoch darauf ab, ein widerstandsfähiges Ökosystem zu schaffen, das die Wurzel des Problems – ein Ungleichgewicht, das das übermäßige Wachstum eines bestimmten Organismus ermöglicht – anstatt der Folgen bekämpft. Wie Jordi Garreta erklärt:

„Die Hauptschädlinge und -krankheiten sind Blattläuse, Ohrwürmer (Forficula auricularia) und Pilze wie Monilia und Rhizopus. Die beste Methode, sie zu bekämpfen, ist ein Anbau mit ausgewogener Nährstoffversorgung, was bedeutet, dass jeder Baum seine eigenen Werkzeuge zur Abwehr von Schädlingen einsetzt. Wenn das nicht ausreicht, verwenden wir Kaolin, Brennnesseljauche oder Kieselgur. Wir legen Blühstreifen an und lassen spontane Wildkräuter wachsen, um die Artenvielfalt zu fördern, was unter anderem ein widerstandsfähigeres Ökosystem gegen Schädlinge schafft.“

Jordi Garreta

Farmer bei Grup Garreta


Die wissenschaftliche Forschung stützt diese Praktiken. Eine Studie aus dem Jahr 2022 ergab beispielsweise, dass in den Baumreihen, die den mehrjährigen Blühstreifen am nächsten lagen, durchschnittlich 60 % mehr Nützlinge pro Ast gezählt wurden als in den Kontroll-Obstgärten ohne Blühstreifen. Diese Methoden bekämpfen nicht nur kurzfristig Schädlinge, sondern stellen auch die langfristige Gesundheit des Bodens und des Ökosystems in den Vordergrund, was sich letztendlich durch eine erhöhte Widerstandsfähigkeit des Ökosystems auszahlt.

Was sind klimakterische Früchte und wie beeinflusst das ihren Geschmack?

Variety of stone fruit

Die meisten Steinobstarten (mit Ausnahme von Kirschen) sind klimakterisch, was bedeutet, dass sie nach der Ernte dank der internen Produktion von Ethylen weiter reifen. Dies ermöglicht es den Landwirten, noch feste Früchte zu versenden, erfordert aber ein präzises Timing. Eine zu frühe Ernte führt zu geschmacklosen Früchten; eine zu späte Ernte erschwert den Transport, insbesondere im Bio-Anbau, wo auf synthetischen Pflanzenschutz verzichtet wird. 

Laut der FAO verzeichnen Obst und Gemüse die höchsten Verlustraten und überschreiten weltweit 20 %, bevor sie überhaupt die Läden erreichen. Innerhalb dieser Kategorie sind empfindliche und verderbliche Früchte wie Steinobst besonders anfällig für mechanische Schäden und Überreife, insbesondere angesichts der hohen Temperaturen in der Saison, in der sie geerntet und versandt werden.

Hier unterscheiden sich die Produktionsmodelle erheblich:

  • Das konventionelle Modell: Die Lebensmittelindustrie hat sich diesen biologischen Grenzen durch eine frühe Ernte, Kühllagerung und die Bevorzugung von Sorten angepasst, die aufgrund ihrer Haltbarkeit anstelle ihrer organoleptischen Eigenschaften (Geruch und Geschmack) ausgewählt werden. Supermärkte üben oft Druck auf die Produzierenden aus, einheitliche und langlebige Produkte zu niedrigen Preisen zu liefern. Dieses Modell ist von einer intensiven Kühlkette und Produktionsüberschüssen abhängig, was typischerweise zu einer hohen Lebensmittelverschwendung führt und auf Kosten des Geschmacks und der Nährstoffdichte geht.
  • Das Direktverkaufsmodell: Ein Direktverkaufssystem ermöglicht es den Landwirten, diese Probleme zu lösen. Durch die bedarfsgerechte Ernte werden die Früchte zum Zeitpunkt ihrer physiologischen Reife gepflückt, eine lange Kühllagerung wird vermieden und Überproduktion wird reduziert. Dies minimiert nicht nur die Lebensmittelverschwendung, sondern bewahrt auch die Unversehrtheit des Produkts und ermöglicht fairere Preisstrukturen, die das hohe Risiko und den hohen Arbeitsaufwand des Anbaus dieser Früchte ohne synthetische Mittel widerspiegeln.

Eine praktische Anleitung zur Aufbewahrung zu Hause

Sobald das Obst bei dir zu Hause ankommt, ist die richtige Handhabung entscheidend, um seine maximale Qualität zu genießen.

  1. Reifung bei Raumtemperatur: Wenn deine Pfirsiche, Nektarinen oder Aprikosen noch fest sind, lass sie bei Raumtemperatur und vor direkter Sonneneinstrahlung geschützt liegen. Um zu wissen, ob ein Pfirsich reif ist, ist nicht immer die Farbe, sondern das Gefühl und der Geruch entscheidend. Du erkennst, dass sie reif sind, wenn sie bei leichtem Druck etwas nachgeben und einen duftenden Geruch verströmen.
  2. Kühlung nach der Reifung: Sobald sie reif sind, kannst du sie in den Kühlschrank legen, um ihre Haltbarkeit um einige Tage zu verlängern. Niedrige Temperaturen (insbesondere unter 8 °C) können die Geschmacks- und Strukturentwicklung bei noch nicht gereiften Früchten beeinträchtigen.
  3. Der Fall der Kirschen: Da sie nicht-klimakterisch sind, reifen Kirschen nach der Ernte nicht nach. Sie sollten sofort gekühlt werden, um ihre Frische zu erhalten.
  4. Waschen direkt vor dem Verzehr: Vermeide es, die Früchte vor der Lagerung zu waschen, da die Feuchtigkeit ihren Verderb beschleunigen kann. Wasche sie lieber direkt, bevor du sie essen möchtest.

Wenn du mehr darüber erfahren möchtest, wie du dein Sommerobst am besten behandelst, findest du hier einen ausführlichen Artikel dazu.

Ein widerstandsfähiges Modell für einen anfälligen Sektor

Woman farmer holding summer fruit with trees behind
Farmerin Anita Minisci, Azienda Agricola San Mauro, Italien


Die Kombination aus kurzen Saisons, hoher Klimaempfindlichkeit und dem zuvor beschriebenen Marktdruck macht den biologischen Steinobstanbau besonders anfällig. Da die klimatische Unbeständigkeit weiter zunimmt, ist ein Wandel hin zu widerstandsfähigeren Produktions- und Liefermodellen nicht nur eine Vorliebe, sondern eine Notwendigkeit. Eine direkte und transparente Lieferkette, die eine direkte Verbindung zwischen Landwirt und Verbraucher schafft, stellt diesen wesentlichen Wandel dar. Dieses Modell befähigt die Produzierenden, die Bodengesundheit in den Vordergrund zu stellen und auf Bestellung zu ernten, und sichert so eine fairere und nachhaltigere Zukunft für einen herausfordernden, aber lebenswichtigen Agrarsektor.

Emilia Aguirre

Emilia is a logistics and sustainability fan. She is always aspiring to find innovative and sustainable solutions to create a fairer agri-food industry. She is also an adventure lover and enjoys travelling (mainly to try new food!).

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