In diesem Sommer veranstaltete CrowdFarming zwei Workshops zur regenerativen Landwirtschaft in Spanien (Valencia und Malaga). Ziel davon war es, Landwirte zusammenzubringen um die Praktiken der regenerativen Landwirtschaft kennenzulernen und diskutieren zu können, um gemeinsam herauszufinden, was diese Art der Landwirtschaft sowohl den Produzenten als auch den Verbrauchern zu bieten hat.
Zuallererst ist es wichtig, daran zu erinnern, dass die regenerative Landwirtschaft für viele noch ein relativ neues Konzept ist und noch nicht offiziell definiert wurde. Wir glauben jedoch, dass sie eine vielversprechende Zukunft hat, wenn es darum geht, eine nachhaltigere und fairere Lieferkette zu schaffen – der Grund, weswegen CrowdFarming ins Leben gerufen wurde- aber auch eine gesündere und widerstandsfähigere.
Während der Workshops haben wir nur einige Schlüsselelemente der regenerativen Landwirtschaft besprochen und versucht, uns auf die Gebiete und Anbaukulturen zu konzentrieren, die die teilnehmenden Landwirte repräsentieren – regenerative Landwirtschaft ist nicht nur ergebnisorientiert, sondern auch stark kontextabhängig. Wir haben über Bodengesundheit, Pflanzengesundheit, Wasserbewirtschaftung, Rentabilität, Ernährung und Integration der Viehzucht diskutiert. Es gibt eine Reihe verschiedener Aspekte der regenerativen Landwirtschaft und viele Praktiken, die allesamt auf ein Ziel ausgerichtet sind: die Regeneration des Landes, das uns ernährt.
Diese Workshops sind nicht das Ende einer Zielgeraden. Im Gegenteil, sie sollen den Landwirten die Möglichkeit geben, mehr über die Wissenschaft hinter den regenerativen Praktiken zu erfahren, sich über ihre Herausforderungen auszutauschen und darüber, wie die Regeneration zum Betrieb und zum Ökosystem ihres Betriebs beitragen kann. Diese beiden Treffen sollten den Keim dafür legen, dass sich die Art und Weise, wie wir an die Landwirtschaft herangehen, ändert – von einer Sichtweise, die auf die Ernte ausgerichtet ist, bis hin zu einem viel ganzheitlicheren Ansatz, bei dem der Boden die Hauptrolle spielt.
Das Gebiet Valencia: Zurück zu den Wurzeln in Naranjas del Carmen, der Orangenfarm der Gründer.
Unser erster Workshop fand auf dem Familienbetrieb unserer Gründer, “Naranjas del Carmen“, statt. Ein idealer Ort für diese erste Veranstaltung, da es sich um eine Hof handelt, der bereits auf regenerative Praktiken umgestellt hat.
Für jeden Workshop luden wir Experten ein, die ihr Wissen und ihre Erfahrung weitergaben. Unser erster Gastredner in Valencia war Alberto Peréz Roldán, ein Wissenschaftler und Berater von Erzeugern sowie ein Spezialist für Bodengesundheit. Er betonte zunächst, wie wichtig es ist, eine ganzheitliche Sichtweise der Landwirtschaft zu haben und zu verstehen, dass ein gesunder Boden der Schlüssel zur Erzeugung gesunder Pflanzen und Lebensmittel ist.
Wir behandelten, dass regenerative Landwirtschaft nicht ausschließlich eine Rückkehr zu“altmodischen“ Methoden der Landwirtschaft ist. Technologische Errungenschaften sind willkommen, wenn sie auf die richtige Weise eingesetzt werden. So ist beispielsweise die Bodenanalyse ein wichtiges Instrument, das den Landwirten empfohlen wird, um die Zusammensetzung ihrer Böden zu verstehen und somit zu wissen, welche Art von Pflanzenschutzmitteln (organisch oder anorganisch) von Nutzen sein könnten und vor allem, wie viel davon eingesetzt werden sollte. Ein effizienter Einsatz von Pflanzenschutzmitteln ist nicht nur aus ökologischer Sicht nachhaltig, sondern auch aus finanzieller Sicht.
Wir lernten, wie wir anhand der Zeichen, die uns die Pflanzen zeigen, erkennen können, was im Boden vor sich geht, und wir konnten mit unserem zweiten Gastredner, Manuel Lopez Jerez, eine praktische Bodenanalyse durchführen. Wir haben verstanden, dass unsere landwirtschaftlichen Betriebe die Vielfalt der Natur nachahmen sollten, um gesunde Pflanzen hervorzubringen, was bedeutet, dass wir uns von dem Irrglauben verabschieden müssen, dass wir unsere Agrarwirtschaft mit nur wenigen Elementen wie Stickstoff, Phosphor oder Kalium aufrechterhalten können.
Andalusien: Das Land der subtropischen Früchte innerhalb der Grenzen Europas.
An unserem zweiten Workshop in Málaga nahmen hauptsächlich Landwirte teil, die Zitrusfrüchte, Oliven und subtropische Früchte (Mango, Papaya, Avocado usw.) anbauen. Einige dieser Landwirte kämpften zuletzt mit den sich zunehmend verschärfenden, klimatischen Bedingungen. Während sie sich bemühen, trotz dieser Herausforderungen verantwortungsbewusst anzubauen, werden ihre Produkte und dessen Anbau stigmatisiert.
Unsere Gastredner für diese Veranstaltung, Miguel Ángel Gómez Tenorio und Francisco Rodríguez León, berichteten über erfolgreiche Fallstudien von Landwirtschaftsbetrieben in wasserarmen Gebieten, die die Optionen für verschiedene Regen- und anderweitige Bewässerungskulturen erforschten. Sie arbeiten seit Jahren mit Landwirten zusammen, um zu lernen, was über und unter der Erde geschieht, um den Wasserfluss und die Wasserrückhaltung zu optimieren. Dieser zweite Workshop konzentrierte sich auch auf die Integration von Viehzucht. Dieses Konzept hat viele Vorteile für die Landwirtschaft. Wird es richtig und nachhaltig umgesetzt, hat es ein erstaunliches Potenzial zur Verbesserung der Bodengesundheit, zur Unkrautbekämpfung und zur Abkehr der industriellen Viehhaltung.
Hier sind einige der wichtigsten Themen, die während des Kurses besprochen wurden
1. Mikrobiologie des Bodens
Durch eine Bodenanalyse kann man den Gehalt an Kalium, Schwefel, Eisen, Zink, Kalzium, Magnesium, Phosphat, Chlor und anderer Elemente ermitteln. Der Schlüssel zu einem gesunden Boden ist die richtige Menge jedes dieser Elemente, um ein ausgewogenes und widerstandsfähiges Ökosystem zu schaffen.
Kalzium zum Beispiel ist das erste Mineral, das im Boden korrigiert werden muss, da es die Aufnahme der anderen Mineralien direkt stimuliert. In seinem richtigen Verhältnis ermöglicht es, dass sich lehmhaltige Böden stärker „aufschließen“, und die Poren für Wasser und Luft offen lassen. Es hat eine ausflockende Wirkung auf die Tonpartikel und stellt eine Brücke zwischen Mineralien und Humus her. Humus und Bodengesundheit sind untrennbar verbunden, denn Humus ist der Ausdruck mikrobiologischer Aktivität auf organischem Material. Eine Zunahme der organischen Substanz im Boden um 1 % entspricht 170 000 Litern Wasser pro Hektar Lagerfläche. Dieses 1 % entspricht auch 132 Tonnen CO₂, die im Boden gebunden werden. Dies ist auch relevant, für die Berechnung der Kohlenstoffspeicherung. 1 Teil Stickstoff bindet 30 Teile Kohlenstoff. Und 1 Teil Schwefel ist notwendig, um 10 Teile Stickstoff zu binden. Daher ist 1 Teil Schwefel erforderlich, um 300 Teile Kohlenstoff zu binden.
Vielfalt und Gleichgewicht in unseren Böden sind Schlüsselaspekte für das optimale Wachstum unserer Pflanzen.
2. Photosynthese
Ein weiterer wichtiger Punkt, der in den Workshops erörtert wurde, war die Bedeutung der Photosynthese, der oft übersehenen Quelle für eine gesunde Ernte. Heutzutage wird eine Photosyntheseleistung zwischen 15 % und 20 % als normal angesehen und akzeptiert. Bei diesen Werten ist die Pflanze jedoch nicht in der Lage, ein eigenes, starkes Immunsystem zu entwickeln, um mit Schädlingen, Krankheiten und klimatischem Stress fertig zu werden, was den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln wie Pestiziden, Herbiziden oder Fungiziden erforderlich macht.
Wenn diese Kapazität auf 60 % erhöht wird, wird die Vitalentwicklung der Pflanze stark gefördert. Die Pflanze erhöht ihre Fähigkeit, strukturell vollständige Verbindungen wie Kohlenhydrate, Proteine und pflanzliche Sekundärmetaboliten (PSM) zu bilden. Dadurch entsteht ein vollkommenes und gesundes Abwehrsystem.
In der Landwirtschaft steht uns eine kostenlose Energiequelle – die Sonne – zur Verfügung, die wir noch nicht optimal nutzen und die sich direkt auf die Ernteerträge auswirken könnte.
3. Ernährung
Der Nährwert der Produkte ist ein wichtiger Faktor, sowohl für Erzeuger als auch Verbraucher. Durch gesunde Böden und regenerative Verfahren wird der Nährwert der Ernte tendenziell erhöht, da die Pflanzen mit mehr Nährstoffen versorgt werden. Um besser zu verstehen, wie sich der Einsatz von Chemikalien und die konventionelle Landwirtschaft auf den Nährwert unserer Lebensmittel auswirken, hier ein einfaches Beispiel:
Im Jahr 1951 deckte der Verzehr von zwei Pfirsichen den Tagesbedarf an Vitamin A. Heute müssten wir 53 Pfirsiche essen, um diesen Bedarf zu decken (1). Diese schockierende Beispiel hilft uns zu verstehen, dass wir als Verbraucher dringend unsere Einstellung ändern und Produkte auswählen müssen, die uns ernährungsphysiologisch nützen.
Der Boden kann als das Verdauungssystem der Pflanzen betrachtet werden. Ein gesunder Boden bedeutet nährstoffreiche Pflanzen und Früchte.
4. Wasser
Die Wasserbewirtschaftung ist eines der schwierigsten und drängendsten Themen in der Landwirtschaft Spaniens – und vieler anderer europäischer Gebiete – aufgrund der immer länger anhaltenden Dürreperioden und hohen Temperaturen.
Die Wasserknappheit hat enorme Auswirkungen auf viele Landwirte. Zu lernen, wie gesündere Böden mehr Wasser aufnehmen und speichern können als „tote“ oder erodierende Böden, ist ein wichtiger Bestandteil der regenerativen Landwirtschaft und der Gewährleistung der Nahrungsmittelsicherheit für künftige Saisons. (Lies hier unseren Blog-Beitrag speziell über die Dürre in Europa).
Durch den Anbau von Deckfrüchten, die zwischen der Fruchtfolge von Nutzpflanzen gesät werden, wird die Bodenschicht geschützt, sodass sie nicht der Sonne, dem Wind und dem Regen ausgesetzt ist, wodurch Bodenerosion vermieden und die Wasserrückhaltung erhöht wird.
Regenerative Landwirtschaft integriert Instrumente des Wassermanagements, um die Effizienz und die Widerstandsfähigkeit der Pflanzen gegen Dürren zu erhöhen.
5. Integration von Viehhaltung
Die Natur ist von sich aus ein sehr gut durchdachtes System. Wir wissen, dass die industrielle Tierhaltung weltweit eine der Hauptquellen für Treibhausgase ist, aber die Integration der Tierhaltung in gemischte Kleinbetriebe hat viele Vorteile.
Es ist nicht nur eine „schnelle“ Möglichkeit, Mutterboden aufzubauen und die Gesundheit des Bodens zu erhalten, sondern liefert auch leicht verfügbaren, organischen Dünger und kann eine große Hilfe dabei sein, „Unkraut“ vor der Keimung loszuwerden, indem die Tiere es fressen, und nach dessen Ausscheidung dem Boden wieder in Form von organischem Dünger hinzufügen. Diese Pflanzen beginnen dann einen neuen Zyklus, um unsere Böden zu schützen, die Wasserrückhaltung zu fördern, mit ihren Wurzeln Platz zu schaffen und verschiedene Arten von Nährstoffen einzubringen, die für einen gesunden Boden benötigt werden.
Die Integration der Tierhaltung kann in größeren Betrieben schwierig umzusetzen und zu skalieren sein, birgt aber eine Reihe von Vorteilen für die Bodenqualität.
Das ist erst der Anfang – aber der Anfang wovon?
Mit CrowdFarming haben wir die einmalige Gelegenheit, Landwirte und Verbraucher zum Nachdenken zu bringen über die konventionelle Produktionsart unserer Lebensmittel. Mit dem Aufschwung der regenerativen Landwirtschaft sehen wir es als unsere Pflicht an, sie auf dieser Reise mitzunehmen, da es im besten Interesse beider ist. Diese Workshops sind der erste Schritt eines 3-Jahres-Programms, das von Climate Farmers ins Leben gerufen wurde, um CrowdFarming-Produzenten bei dieser Transformation hin zur Regeneration zu begleiten.
Wir haben Climate Farmers als Partner für diese Reise gewählt, weil wir die gleiche Vision haben, das Agrarnahrungsmittelsystem in großem Maßstab und mit den Landwirten im Mittelpunkt umzugestalten. Sie leisten großartige Arbeit, indem sie Netzwerke von Landwirten aufbauen, sie mit Schulungen und technischer Unterstützung durch die besten lokalen Experten wie Alberto, Manuel, Paco und Miguel Ángel versorgen und nach Wegen zur Finanzierung des Übergangs suchen. Sie spielen auch eine wichtige Rolle bei der Definition der regenerativen Landwirtschaft auf europäischer Ebene und bei der Festlegung von Maßnahmen zur Förderung ihrer Umsetzung.
Nachdem wir alles über diese verschiedenen Themen erfahren hatten, hatten unsere Landwirte etwas Zeit, um über ihre besonderen Herausforderungen nachzudenken und zu diskutieren. Es war inspirierend zu sehen, dass die Erzeuger ein solches Interesse an den Erfahrungen der anderen zeigten und offen über die Schwierigkeiten sprachen, mit denen sie konfrontiert sind. Jeder von ihnen hat eine Vision und eine bevorzugte Herangehensweise, und der Austausch darüber in gemeinsamen Diskussionen ist äußerst nützlich. Darum geht es: Netzwerke bilden, Herausforderungen teilen und neue Wege finden, um sie im Einklang mit der Natur zu bewältigen.
Da sich die regenerative Landwirtschaft noch im Anfangsstadium ihrer Entwicklung befindet, fühlen sich die Landwirte oft allein oder isoliert, wenn sie versuchen, die Klimaprobleme direkt anzugehen. Wir haben viele der Teilnehmer zu ihren Erfahrungen befragt und waren begeistert von dem starken Gefühl seitens der Erzeuger der Gemeinschaft und Zuversicht in der kollektiven Schaffung der Grundlagen und der Struktur der regenerativen Landwirtschaft.
In einer Zeit, in der die meisten Nachrichten und Informationen über Landwirtschaft und Klima negativ und überwältigend beängstigend sind, geben diese Workshops uns allen ein starkes Gefühl der Hoffnung und zeigen, dass nicht nur die Landwirte bereit und daran interessiert sind, etwas über regenerative Praktiken zu hören, sondern auch Organisationen und Unternehmen wie Climate Farmers und CrowdFarming. Und natürlich du, unserer Leser und CrowdFarmer, der unserer Erzeuger bei diesem neuen Wandel hin zu einer gesünderen, sichereren und wohlhabenderen Agrar- und Lebensmittelindustrie unterstützt.
1. McCance R.A.“A study on the mineral depletion of the foods available to us as a nation over the period 1940 to 1991.” Medical Research Council, Ministry of Agriculture Fisheries and Foods, and the Royal Society of Chemistry; Burns, Sarah. “Nutritional Value of Fruits, Veggies Dwindling.” MSNBC. 9 July 2010.
Kommentare
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Comentarios
Danke für die Darstellung, was schon alles unternommen wird.
Der Austausch der Landwirte ist sicherlich ein sehr wichtiger Punkt.
Meine Idee und Frage an euch. Ist es möglich, dass die Bauern, die am Projekt teilnehmen unabhängig von Workshops zu einem Austausch zusammen zu bringen.
Ich glaube es ist gut, wenn Gruppen gebildet werden, von Landwirten, die die gleichen Früchte anbauen und vielleicht auch in der gleichen Gegend arbeiten. Sie können sich dann in regionalen Treffen mit einander austauschen ihre Erfahrungen mit bestimmten Methoden mitteilen und sich gegenseitig anregen, neues auszuprobieren.
So könnte ein Landwirt, der an einem Workshop teilgenommen hat, als Multiplikator in seiner Gegend aktiv werden.
LIebe Grüße Petra Klar
Hallo Petra,
ja, wir sind ganz deiner Meinung! Über unsere Workshops lernen die Landwirte sich kennen und können, abgesehen vom Inhalt der Workshops, auch viele Erfahrungen und Kenntnisse austauschen. Da viele sich in der gleichen Region befinden, kennen sie sich teilweise schon oder lernen sich kennen, um dann auch in Zukunft in Verbindung zu stehen.
Wir sehen, dass es wichtig ist, diese Verbindungen zu pflegen, um ihr Potenzial zu erkennen und weiter auszubauen. ☀️